Wir unterstützen den Allmende-Kontor Berlin aus vollem Herzen gegen die Vereinnahmung durch diese Werbekampagne und den dreisten, abstoßend verlogenden Versuch, unsere wunderbar vielfältige, echte und unkommerzielle Gemeinschaftsgarten-Bewegung - unser Herzblut - für billigen Kommerz zu missbrauchen!
Statement des Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor zum Musikvideo “Einfach sein” im Rahmen der Aldi Werbekampagne “Einfach ist mehr”
Liebe Freund*innen und Feinde des urbanen Gärtnerns,
Die Discounter Aldi Süd und Aldi Nord greifen in einem Werbespot
eine ganze Bewegung an, die sich für vielfältige, gesunde, ökologische
und fair produzierte Lebensmittel einsetzt. Sie benutzen dabei ohne
unsere Zustimmung den Berliner Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor als
Kulisse, um die Botschaft von einer vermeintlich “nutzlosen Vielfalt“ zu
verbreiten.
Der
Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld erfreut
sich seit seiner Gründung großer Beliebtheit. Gemeinsam haben viele
Hundert Menschen in ihrer Freizeit ein Stück des ehemaligen Flugfeldes
in ein buntes Miteinander von Nachbarschaft, Hochbeeten, Tomaten,
Bienen, Kompost, Sonnenblumen und Kunst verwandelt. Doch nicht nur
Berliner*innen, sondern auch Besucher*innen und Medien aus aller Welt
interessieren sich für unseren Garten. Denn der Garten steht für eine
lebenswerte, lebendige und zukunftsfähige Stadt. Und darüber hinaus
zeichnet der Garten eine Vision von einer anderen Welt - und zwar
explizit als ein Ort der sozialen und ökologischen Vielfalt.
Leider
mussten wir feststellen, dass der Discounter Aldi ungefragt unseren
Garten als Kulisse für seine aktuelle Werbekampagne “Einfach ist mehr”
missbraucht hat. Entsetzt hören wir darin den Rapper Fargo ein
Lied über die “alles begrabende nutzlose Vielfalt” reimen. Er sitzt auf
einer selbstgebauten Holzbank bei uns im Garten und klagt, dass ihm
zwei Käsesorten schon zu viel Vielfalt sind. Parallel dazu wirbt Aldi
auf Plakaten damit, dass man doch keine 10 Zitronensorten bräuchte,
sondern “einfach nur Zitronen”.
Seit
Gründung des Allmende-Kontors stehen wir für eine plurale
Stadtgesellschaft, biologische und kulturelle Diversität sowie für
Bauernmarkt statt Supermarkt. Bei uns pflanzen Menschen
unterschiedlicher Herkunft viele verschiedene Gemüsesorten: bunten Mais
aus Brasilien, gelbe Tomaten aus Brandenburg, rote Kartoffeln aus
Schweden, lila Bohnen aus Ungarn und vieles mehr. Damit zeigen sie den
Reichtum und die Vielfalt des naturnahen Gärtnerns. Die Gärtner*innen
des Allmende-Kontors sensibilisieren damit für vielfältige und
hochwertige Lebensmittel sowie für eine Landwirtschaft, die die Natur,
globale Gerechtigkeit und faire Produktionsbedingungen respektiert. Wir
sehen uns als Brücke zwischen Stadt und bäuerlicher Landwirtschaft und
damit als Teil einer globalen Bewegung für Ernährungssouveränität.
Die
gute Nachricht: Jedes Jahr gehen zehntausende Menschen bei der “Wir
haben es satt!”-Demonstration in Berlin auf die Straße, um sich gegen
industrielle Landwirtschaft, Dumpingpreise, Ausbeutung von Mensch und
Natur, Monokulturen, Agrargifte, Klimawandel, Konsum- und Wachstumswahn
auszusprechen. Für genau dieses Geschäftsmodell steht Aldi. Aldis
Botschaft “einfach ist mehr” ist nichts anderes als der verzweifelte
Versuch, uns als Verbraucher*innen entmündigen zu wollen und jede
Wahlmöglichkeit zu nehmen. Statt Vielfalt soll uns weiter industriell
erzeugter Einheitsbrei vorgesetzt werden. Die Tatsache, dass Aldi und
seine kreativen Werber von Oliver Voss und Ogilvy & Mather sich mit
Bildern aus einem Gemeinschaftsgarten schmücken, der für das exakte
Gegenteil der Kampagne steht, nämlich für Vielfalt statt für
Vereinheitlichung, ist mehr als nur eine Frechheit oder primitives
Greenwashing eines Discounters.
Im Geiste des Urban Gardening Manifest und in Solidarität mit allen Bäuer*innen, die für eine bunte und ökologische Landwirtschaft kämpfen: Viva la via campesina!
Der Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor