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Mit dem Winterfest endet der Veranstaltungsreigen auf dem Lucie-Flechtmann-Platz
Eisig-glühender Jahresabschluss
Zur feurigen Jonglage vom „Cirque du Rongeur“ versammelten sich viele Menschen auf dem Lucie-Flechtmann-Platz. (Joschka Schmitt) |
Dieser urbane Raum, selbst gestaltet und abseits von Kommerz und Glanz, bietet normalerweise einen fruchtbaren Kontrast zum Alltag, diesmal aber speziell zu gängigen Weihnachtsveranstaltungen. „Es ist eine schöne bunte Gemeinschaft“, freut sich die Soziologiestudentin Lina Hansen aus dem Viertel. Sie ist so etwas wie die Pressesprecherin der Lucie-Leute und nimmt sich Zeit, ein bisschen zu erzählen. „Vorhin ist noch eine Gruppe Flüchtlinge aus der Unterkunft Zollhaus angekommen“, sagt sie fröhlich. Bereits am Nachmittag konnten Kinder und Familien eine Vogelfutterstation zum Aufhängen basteln
Soziologiestudentin Lina Hansen aus dem Viertel mit dem siebenjährigen Jannis und der zwei Jahre alten Franziska unterstützt die Lucie-Akteure. (Roland Scheitz) |
Besonders an der, ihres Wissens nach bundesweit einzigartigen Konstellation ist die selbst organisierte Nutzung eines öffentlichen Platzes mit städtischem Einverständnis. „Das wird sehr gut angenommen und belebt die Gegend. Toll, dass die Stadt so mitzieht“, freut sich Lina Hansen. Dieses homogene Biotop sei ein wertvoller Platz für die Neustadt und überhaupt ganz Bremen geworden. „Wer sich hier trifft, würde sich niemals begegnen. Ich selbst komme immer aus dem Viertel herüber und wäre sonst kaum in der Neustadt.“
Man merkt, wie sie für diesen Freiraum brennt. Es sei diese Art der Vergesellschaftung, die sie spannend finde. Darüber will die Soziologiestudentin auch ihre Bachelorarbeit schreiben. Neben ihr sind es etwa 15 Leute, die sich konstant im Organisationsteam engagieren, plus sporadisch Aktive und Unterstützer in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. „Wir hoffen, dass noch mehr Menschen Verantwortung übernehmen“, sagt Lina Hansen. Wenn bald zunehmend Bewegung in die Bewegung kommt, seien auch Kooperationen mit Kulturträgern angestrebt. Zunächst lief die Nutzungsgenehmigung bis April 2016, doch inzwischen ist klar: Es geht weiter und kommt zur Entsiegelung. Die grauen Steine weichen dann einem befestigten Platz mit echten Beeten, Urban Gardening und Parkflächen sowie Naherholung. Bremen bezeichnet Gespräche und Verlauf laut Lucie-Internetseite als „ersten basisdemokratischen Prozess der Stadtentwicklung“. Vorgesehen sind gemäß dem Konzept zudem eine von Hochschulstudenten gestaltete Lehmbühne sowie ein Bürocontainer. Denn Selbstverwaltung ist auch Verwaltung, die es zu bewältigen gilt.
Lina Hansen ist ins Schwärmen gekommen. Vom bisher Erreichten, aber besonders davon, was da alles noch kommen mag, etliche weitere Feste zum Beispiel. „Auf einem normalen Weihnachtsmarkt hätte ich es gar nicht so lange ausgehalten“, sagt sie und lacht. Dann wird sie gerufen, um den nächsten Programmpunkt anzumoderieren. Teilweise auch auf Englisch, damit sie alle verstehen. „Es wäre schön, wenn ihr näher kommt, außer ihr seid gerade in der Sauna.“ Es folgen Feuershow, Tanz und Livemusik. Bevor sie ans Mikrofon tritt, verabschiedet sie sich noch mit den Worten: „Ich habe auf der Lucie das Träumen gelernt. Klingt pathetisch, ist aber wahr. Es ist großartig, mit Leuten diese Träume umzusetzen. Nicht nur zu reden, sondern auch zu machen.“